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Tag der Generalprobe
Einige Monate mehr oder weniger erfolgreicher Trainingseinheiten später.
Die passende Bekleidung wurde nach und nach von mir zusammengestellt, die Musik ausgesucht und die Choreografie stand. Es blieben nur wenige Wochen bis zum Auftritt. Hard Core Training war angesagt.
An einem Morgen klingelte mein Handy: „Guten Morgen! Wir haben bald eine Generalprobe! Das ist sehr wichtig für Dich! Also, ich habe uns dazu schon angemeldet. Wir tanzen bei der Weihnachtfeier in unserem Tanzsportclub. Es kommen nur so 60 Tänzer und Gäste. Alles überschaubar! Wir haben noch genug Zeit. Ist erst heute in einer Woche. Keine Panik – wir kriegen das hin! Ach, und noch was: ich habe den Anfang des Auftrittes ein wenig überdacht: - ich stehe auf der Tanzfläche und Du kommst aus der Ecke auf mich zu – in einem dynamischen Lockstep (Tanzschritt im Cha-Cha-Cha). Wir stehen dann direkt vor einander und los geht's! Das üben wir noch. Bis Später."
Mein erster Gedanke: Einen Arzt, ich brauche unbedingt einen Arzt – Kardiologe!? - oder zumindest einen Apotheker! Beide waren gerade nicht an Ort und Stelle anzutreffen. Zweiter Gedanke: Sämtlichen weiblichen Charme einsetzen und überzeugend den Trainer von seiner Idee abbringen. Beide Gedanken sind erfolgslos geblieben. Also nichts wie hin zum Training, nur keine Schwächen zeigen!
Tag der Generalprobe - Der Tag meines ersten öffentlichen Tanzauftritts.
Der Raum war weihnachtlich dekoriert, immer mehr feierlich gekleideten Menschen betraten den Ort des Geschehens. Durch die Menschenmassen kam mein über beide Ohren lächelnder Trainer auf mich zu. „Alles wird gut. Ich bin bei Dir! In 30 min geht's los."
Der Countdown lief. Meine Panik stieg ins Unermessliche. Eine Tänzerin sollte mich zur passenden Musikpassage aus der Ecke auf die Tanzfläche anschubsen falls ich diese Passage überhören sollte. Ich habe sie überhört! Plötzlich stand ich auf der Tanzfläche. Es führte kein Weg daran vorbei. Schnell anfangen zu lächeln und die Füße energisch nach vorne bewegen! Der so oft trainierte dynamische Lockstep über eine Distanz von 5m -oder doch von 500m? – habe ich gerade noch so geschafft. Zumindest haben mir die Augen meines Trainers dieses positiv signalisiert.
Und danach passierte es! Das, wovor sich jeder fürchtet, der schon mal einen Auftritt vor Publikum hatte: Blackout. In vollen Zügen!
Gut, dass man mit einem Profi tanzt! Er lies sich nichts anmerken und legte mit seinem Part los, gleichzeitig übernahm er auch noch meinen. Ich sah nur die Augen des Publikums - tausende (?) Augen - alle auf mich gerichtet. Alle Anwesenden jubelten uns zu und feuerten uns an. Von dem ansteigenden Lärmpegel kam ich endlich zur Besinnung, aber leider nur für wenige Sekunden. Und es passierte gleich der nächste Fauxpas: ich fing fürchterlich an zu lachen. Ich lachte und lachte. Mein Trainer erfasste die Situation schnell und begab sich auf Rettungskurs. Nach unendlichen anderthalb Minuten war es vollbracht. Immerhin hatte ich es durchgezogen und war um eine Erfahrung reicher.
Es sind nur noch zwei Wochen bis zu meinem Geburtstag.
Eure Ella
Fortsetzung folgt.